You are currently viewing Die Mär vom Multitasking

Die Mär vom Multitasking

Multitasking ist die Chance, in der gleichen Zeit mehr als eine Sache zu vermasseln.“  Steve Uzzell (Photograph und Autor)

Kann ich mehr als eine Sache gleichzeitig tun? Das spart mir Zeit und bringt mich schneller vorwärts. Denn ich erledige die Dinge parallel und habe somit in der gleichen Zeiteinheit mehr geschafft. So die Theorie.

Multitasking der Stein der Weisen?

Doch wie sieht das in der Realität aus? Ist Multitasking die Antwort auf Zeitmangel und der Stein der Weisen in der Erhöhung der Effizienz? Wir alle akzeptieren Multitasking als effiziente Art zu arbeiten, noch vielmehr glauben wir, es öfter anwenden zu müssen. Jeder redet darüber, Frauen sollen es besser können als Männer. Es gibt unzählige Webseiten, die sich mit dem Thema beschäftigen. Wir verlangen die Fähigkeit von neuen Mitarbeitern, unseren Kindern und uns selbst. Multitasking ist der neue Arbeits- und Lebensstil geworden. Doch in Wahrheit ist es weder effizient noch effektiv. Wenn es um Ergebnisse geht versagt Multitasking komplett.

Woher kommt das?

Der Begriff geht zurück auf die Beschreibung der Arbeitsweise eines Computers, nur ging es darum, dass im Computer mehrere Aufgaben wechselweise auf dieselbe Ressource, die CPU, zugreifen. Später wurde daraus, dass mehrere Aufgaben simultan erledigt werden und das von einem Menschen. Wir wissen, auch ein Computer bearbeitet die Aufgaben sequenziell, immer nur eine zur gleichen Zeit. Die Illusion des Multitasking rührt daher, dass er sehr schnell zwischen den Aufgaben hin und her springt und es scheint, als ob er sie zur gleichen Zeit simultan erledigt.

Natürlich können wir mehrere Dinge gleichzeitig tun, reden und gehen, Essen und zuhören ebenso wie Computer. Nur fokussieren wir dabei nicht auf zwei Dinge gleichzeitig, sondern auch unsere Aufmerksamkeit pendelt hin und her. Was bei einem Computer funktioniert kann bei Menschen zu fatalen Ergebnissen führen. Stellen Sie sich einfach vor, Ihr Arzt schreibt Ihnen eine Verordnung, während er gleichzeitig eine telefonische Beratung durchführt … sind Sie sicher, das Rezept und Dosierung richtig sind?

Für uns ist Multitasking zur Normalität geworden, Kinder machen Hausaufgaben, während sie Musik hören und sich gegenseitig Nachriten schicken, wir fahren Auto und telefonieren und so weiter. Dabei haben wir nicht zu wenig Zeit, wir versuchen nur krampfhaft in die Zeit, die wir haben mehr hinein zu packen. Und dabei rede ich noch nicht von der Arbeit.

Multitasking und Job

Unsere Büros sind zum Jahrmarkt der Ablenkungen geworden. Während wir versuchen uns auf eine Aufgabe zu konzentrieren und diese zu beenden, kommt ein Kollege mit Neuigkeiten vom Wochenende herein, die Mailbox meldet ständig neue Eingänge und die diversen Messenger des Smartphones tuen es ihm nach. Und dann kommen noch die Meldungen der Social-Media-Kanäle dazu, denn wir wollen ja auch auf Facebook, LinkedIn und TikTok nichts verpassen.

Ablenkungen, Störungen und Unterbrechungen machen die Konzentration auf einzelne Aufgaben sehr schwere. Forscher schätzen, dass wir durchschnittlich alle 11 Minuten unterbrochen werden und uns die Erholung davon etwa 1/3 unseres Arbeitstages kostet.

Ist der Mensch Mutitasker?

Unsere evolutionäre Entwicklung legt nahe, dass wir zum Multitasking geboren wurden und unsere Spezies anderweitig nicht überlebt hätte. Wie anders als gleichzeitig die Umgebung nach Feinden absuchen und Essen sammeln hätte denn der Mensch überleben sollen? Wir haben immer schon mit vielen Aufgaben gleichzeitig jongliert.

Nur jonglieren ist nicht Multitasking.

Auch wenn es von außen den Anschein hat, der Jongleur hält viele Bälle gleichzeitig in der Luft. In Wahrheit kümmert er sich immer nur um einen Ball. Den Ball, den er fängt und wieder wirft. Immer nur einen. Das nennen die Forscher „Aufgaben umschalten“. Wenn wir das tun passieren zwei Dinge und dabei spielt es keine Rolle, ob wir bewusst oder unbewusst wechseln. Erstens entscheiden wir zu wechseln und zweitens werden die Regeln für das neue Umfeld aktiviert. Beispielsweise wechseln Sie zwischen Fernsehen und Bügeln, das geht schnell und problemlos. Arbeiten Sie an einer komplexen Kalkulation oder einem Angebot und ein Anruf unterbricht Sie, ist ein einfaches Hin- und Herwechseln nicht möglich. Sie brauchen eine gewisse Zeit, um wieder zurück in Ihre ursprüngliche Tätigkeit zu finden. Dieser Zeitverlust liegt je nach der Komplexität der Aufgabe bei 25 bis 100%. Wir zahlen einen Preis dafür, Aufgaben umzuschalten.

Kann unser Gehirn Multitasking?

Was genau passiert in unserem Gehirn. Verschiedene Prozesse werden in unterschiedlichen Bereichen des Gehirns verarbeitet. Darum können wir gehen und reden zur gleichen Zeit. Nur, so wirklich fokussieren wir auf keine der zwei Tätigkeiten. Denn eine wird im Vordergrund, die andere im Hintergrund verarbeitet. Sie merken das, wenn Sie während eines Spaziergangs in eine intensive Diskussion geraten. Unbemerkt bleiben beide stehen, denn das Gehirn fokussiert auf das Sprechen und stellt dann Gehen ein. Alle Tätigkeiten, die vom vegetativen Nervensystem gesteuert werden (z.B. Atmung, Herzschlag) finden komplett unabhängig von den anderen Tätigkeiten statt und zählen daher nicht zum Multitasking. Natürlich können wir zwei Dinge gleichzeitig machen, dann sprechen wir von geteilter Aufmerksamkeit … also kein Fokus, sondern zwei Dinge teilen sich die Aufmerksamkeit. Je weiter wir unterteilen, desto eher fällt dann etwas hinten runter.

Das Problem wird dann sichtbar, wenn eine der Tätigkeiten mehr Aufmerksamkeit erfordert. Erinnern Sie sich, wenn Sie beim Autofahren ein schwieriges berufliches Telefonat führen, können Sie sich wirklich daran erinnern, ob die letzte Ampel rot oder grün war? Das Gehirn setzt seinen Fokus und vermindert automatisch die Aufmerksamkeit für die anderen Tätigkeiten. Die Begrünung ist einfach, unsere Gehirnkapazität ist begrenzt und je mehr wir sie aufteilen, umso weniger Aufmerksamkeit fällt auf die einzelnen Teile.

Die Folgen zeigen sich sofort. Je öfter wir zwischen Aufgaben wechseln, desto schwerer kommen wir in die ursprüngliche Aufgabe zurück. Zudem verliert das Gehirn bei der Neuorientierung jedes Mal Zeit. Multitasker verlieren dadurch das Gefühl dafür, wie lange sie für Aufgaben benötigen und sie machen mehr Fehler als Menschen, die sich auf einzelne Aufgaben konzentrieren.

Fazit

Alle Indikatoren weisen darauf hin, dass Multitasking ineffizient ist und die Fehleranfälligkeit steigert. Es ist also an der Zeit, sich von dem Mythos zu befreien. Schaffen Sie sich die Räume, konzentriert mit einem Fokus arbeiten zu können. Signalisieren Sie, Störungen passen jetzt nicht. Verbannen Sie elektronische Störungen und Ablenkungen auf klar definierte Zeiträume, denn es geht nicht darum uns von der Umwelt abzukapseln. Es gibt Zeiten, in denen wir uns mehreren Dingen widmen können, solange wir uns des Preises bewusst sind, den wir dafür bezahlen.

Wollen Sie mehr erfahren und Werkzeuge kennen lernen, die Ihnen helfen fokussiert zu bleiben?