You are currently viewing Wo ist mein Gewinn?

Wo ist mein Gewinn?

Gewinn machen und trotzdem ist das Konto leer – Liquidität versus Rentabilität

Mein Unternehmen ist profitabel und trotzdem ist am Jahresanfang kein Geld auf dem Konto bzw. das Konto weißt sogar einen negativen Saldo aus. Wie kann das sein, während ein anderer Verlust macht und trotzdem ein prall gefülltes Konto hat?

Der folgende Artikel geht dem Thema Liquidität auf die Spur, zeigt, dass selbst profitable Unternehmen insolvent sein können und weist auf Stolperfallen in der Liquidität hin.

Was ist überhaupt Liquidität? Das ist die Fähigkeit und die Bereitschaft den bestehenden Zahlungsverpflichtungen zur richtigen Zeit in der geforderten Höhe nachzukommen. Das heißt nichts anderes als ich bezahle meine Rechnungen. Wobei das auch die vertraglichen Verpflichtungen wie Lohn, Sozialabgaben, Versicherung, Miete und so weiter beinhaltet und natürlich die Steuern. Komme ich diesen Verpflichtungen nicht nach bzw. kann ich diesen nicht nachkommen spricht man von Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz. Die Insolvenz ist die letzte Konsequenz einer komplett fehlenden Liquidität.

Um den Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können, benötigt ein Unternehmen liquide Mittel. Simpel gesagt sind liquide Mittel alles was sich schnell, im wirtschaftlichen Sinn, flüssig machen lässt, dazu gehören vor allem Bargeld, Dispo- oder Kontokorrentkredite, beleihbare Anlagegegenstände und manchmal auch Oma‘s Sparstrumpf. Wie schnell ein Unternehmen an zusätzliche liquide Mittel kommen kann hängt auch mit der Gesellschaftsform zusammen, auf die Besonderheiten der verschiedenen Gesellschaftsformen soll hier nicht weiter eingegangen werden.

Warum sind Liquidität und Gewinn eigentlich nicht gleich? Zum Verständnis bedarf es eines kurzen Ausflugs in die Buchhaltung. Geschäftsvorfälle sind liquiditätswirksam und/ oder erfolgswirksam. Liquiditätswirksame wirken sich auf die liquiden Mittel aus, erfolgswirksame auf den Gewinn. Es gibt Vorgänge, die sich auf beides auswirken, z.B. der Barkauf von Büromaterial, resultiert in einem Zahlungsmittelabfluss und ist ertragsmindernd. Andererseits gibt es Vorgänge, die sich nur auf einer Seite auswirken, z.B. Abschreibungen sind ertragsmindernd wirken nicht auf die Mittel, Investitionen z.B. in neue Maschinen haben normalerweise einen hohen Abfluss an liquiden Mitteln zur Folge wirken sich lediglich teilweise auf die Gewinne aus.

Inzwischen hat sich weitgehend herumgesprochen, dass Umsatz nicht gleich Gewinn ist. Umsatz ist in vielen Unternehmen zumindest kurzfristig nicht einmal mit Zufluss an Mitteln verbunden. Wie das sein kann? Sie stellen eine Rechnung mit Zahlungsziel 60 Tage, diese wird als Einnahme verbucht im Monat der Ausstellung, unabhängig vom Geldfluss. So haben Sie Gewinn erzielt nur nichts auf dem Konto. Im Gegenteil, Sie müssen auch noch die Umsatzsteuer des nicht eingenommenen Betrags meist vor Bezahlung an das Finanzamt abführen, also Mittelabfluss.

Im Normalfall haben die meisten Unternehmen von ihrer Gründung an eine Cash-Lücke. Einfach formuliert gehen sie in Vorleistung bevor ihre Leistung entlohnt wird. Bei produzierenden oder produktionsnahen Gewerben müssen Materialien vorfinanziert werden, ebenso Arbeitsleistungen, Büro usw. bezahlt werden und das alles ehe die Leistungen bezahlt werden. Beispielsweise gibt es Handelsketten mit 180 Tagen Zahlungsziel, die Lieferanten müssen also 6 Monate ihrer Arbeit finanzieren. Das ist eine Cash-Lücke. Übrigens sorgt auch der Staat für die Cash-Lücke. Sie zahlen Gewerbe- und Körperschafts- bzw. Einkommenssteuer als Unternehmen im Voraus, aus noch nicht verdientem Geld.

Obwohl den meisten diese Tatsachen durchaus bewusst sind, werden diese häufig missachtet und es kommt zu Liquiditätsengpässen und zusätzliche Liquidität muss teuer erkauft werden, über Kontokorrentkredite, kurzfristige Darlehen oder Herauszögerung von Zahlungen mit der Konsequenz von Verzugszinsen und Mahngebühren. Im letzteren Fall mit der zusätzlichen Konsequenz der Herabstufung der Bonität und damit einer deutlichen Verteuerung der Mittelbeschaffung.

Aus der Tatsache, dass sich Mittelabflüsse nicht immer in der Gewinn- und Verlustrechnung wiederfinden ergeben sich die Stolpersteine der Liquidität. Zahlungen, wie z.B. Tilgungen von Krediten und Darlehen wirken sich ausschließlich auf die liquiden Mittel aus, finden sich auch in der Bilanz wieder, nur bei der Erfolgsrechnung tauchen sie nicht auf. Andere Zahlungen, die häufig aus den Augen verloren gehen sind Quartals-, halbjährliche und jährliche Zahlungen, z.B. Versicherungen, Beiträge. Gerade, wenn diese unterjährig zu entrichten sind wirken sie sich in voller Höhe auf die Liquidität aus doch nur anteilig auf den Ertrag. Doch es gibt nicht nur negative Einflüsse auf die Liquidität. Grundsätzlich verbessern Abschreibungen die Liquidität, weil sie den Ertrag und damit die Steuerlast senken. Das wirkt sich bei komplett eigenfinanzierten Investitionen besonders aus, soweit diese fremdfinanziert sind gleichen die Vorteile durch Abschreibung die negativen Einflüsse durch Tilgung zum Teil aus. Letzteres hängt zusammen mit Abschreibungs- und Kreditlaufzeiten.

Kennen Sie Ihren Kontostand? Den von heute sicher so ungefähr, nur wie sieht es mit dem in 4, 8 oder 12 Wochen aus? Je eher mir mögliche Liquiditätsengpässe bewusstwerden, desto eher können geeignete Maßnahmen ergriffen werden, diese Engpässe zu entschärfen. Mein Spielraum ist mit längerem Vorlauf deutlich größer, verringert sich jedoch mit jedem Tag, der vergeht. Eine Planung der Liquidität durch Planung der Mittelab- und -zuflüsse unterstützt bei der Vermeidung von Engpässen.

Doch nicht nur vorwärtsgewandt liefert die Betrachtung der Liquidität wertvolle Erkenntnisse und unterstützt die Unternehmenssteuerung. Auch die rückwärtsgewandte Betrachtung liefert wichtige Erkenntnisse über die Mittelherkunft. Denn ein prall gefülltes Konto muss nicht unbedingt aus dem laufenden Geschäftsbetrieb gefüllt worden sein. Vor allem Einmaleffekte (z.B. Steuerrückzahlungen o.ä.) wirken sich auf den Kontostand aus, sagen nur nichts über den eigentlichen Geschäftsverlauf. Ehe also der neue Porsche bestellt wird gilt es zu verstehen, woher kommt das Geld auf dem Konto und welche Verwendung ist im Sinne des Geschäftes.

Jetzt stellt sich die Frage, wie kann ein Unternehmen denn seine Liquidität positiv beeinflussen? Verkürzen Sie die Cash-Lücke! Je nach Stellung im Markt bzw. Art des Geschäftes sind Vorkasse und Abschlagszahlungen durchaus anwendbar und auch gegenüber dem Kunden zu vertreten. Handwerksbetriebe beispielsweise können auf die Beschaffung der Materialien verweisen, ohne die der Auftrag nicht ausführbar ist. Idealerweise halten Sie die Zahlungsziele Ihrer Kunden kurz und die Ihrer Lieferanten lang. Nutzen Sie Skonti aus und gewähren Sie keine. Das sind nur einige Möglichkeiten der Cash-Lücke zu begegnen. Viele Dinge ergeben sich hier aus den Industriegegebenheiten und der speziellen Branche. Ganz wird sich die Lücke nie schließen lassen, insbesondere für Unternehmen mit sehr saisonalem Geschäft. Hier müssen dann immer wieder Liquiditätsreserven angespart werden, die die umsatzschwachen Zeiten finanzieren, ohne zu bedrohlichen Engpässen in der Liquidität zu führen.

Eine Maßnahme gilt für alle Unternehmen: Stellen Sie Ihre Rechnungen regelmäßig und zeitnah!

Wer seine Liquidität regelmäßig im Blick hat minimiert das Risiko von Zahlungsunfähigkeit. Es gibt natürlich keine 100%ige Sicherheit, denn selbst die beste Planung kann durch unvorhergesehene Ereignisse überholt werden. Allerdings sind Ihre Möglichkeiten auf solche Ereignisse zu reagieren deutlich besser, wenn Sie Ihre Liquiditätssituation nicht nur heute, sondern für die nächsten Monate kennen und so bewusster und fundierter entscheiden können.

Lesen Sie zu diesem Thema auch die Artikel: Verbreitete Cash-Flow Probleme und Geld meistern.

Sie wollen noch mehr erfahren? Kotaktieren Sie mich hier.

Schreibe einen Kommentar